Im Verlauf des 20. Jahrhunderts ist Piemont Schauplatz bedeutender politischer und sozialer Bewegungen. In Turin befinden sich hervorragende Vertreter des Liberalismus wie GiovanniGiolitti, Francesco Ruffini, Luigi Einaudi und Piero Gobetti. In den Turiner Fabriken entwickelt sich die Arbeiter-und Gewerkschaftsbewegung, während in der ehemaligen Savoyerhauptstadt die Kommunistische Partei Gramscis und Togliattis gegründet wird. Gleichzeitig durchläuft der italienische Kapitalismus in Turin und in Piemont mit bedeutenden Firmen wie Fiat und Olivetti eine seiner erfolgreichsten Phasen. Und ebenfalls in Turin beginnt die Entwicklung des Kinos, des Telefons, des Radios, des Fernsehens, der Mode und des Fußballs. Diese piemontesische Stadt wird für tausende von Arbeitsemigranten aus Süditalien zu einem Ort der Hoffnung. Diese Migration der 50-er Jahre stellt bis heute ein einmaliges Phänomen in der Geschichte unseres Landes dar. Ein Ereignis, das für Turin einen „demographischen Boom“ zur folge hatte und auch zu sozialen und kulturellen Konflikten führte. In Turin spiegeln sich die Eigenarten Piemonts vollständig wieder: sowohl sein Erbe an Traditionen, als auch seine aktuellsten Modernisierungsschübe. Einerseits ist Piemont die Region in Italien mit dem höchsten Bevölkerungsanteil von kleinen Landbesitzern und der größten Zahl von Dörfern und ländlichen Siedlungen. Aber zugleich ist es die Region, die sich, bei diesen Symptomen von Kontinuität im Verhältnis zur Vergangenheit, ständig zu erneuern wusste. Die Gebiete um Turin und Biella haben ihre industrielle Infrastruktur ausgebaut; auch das Canavese (Ivrea) und die Langhe (Alba) haben es verstanden, eine bedeutende, regional verwurzelte Industrie zu entwickeln. Und das gleiche ist auch in traditionell ärmeren Provinzen, wie denen von Asti, Alessandria, Novara und Vercelli geschehen. Das Piemont des dritten Jahrtausends ist ein Verkehrsknotenpunkt für die neuen europäischen Fernverbindungswege, mit reichen wissenschaftlichen Resourcen, der Fähigkeit neue Kenntnisse zu entwickeln und zu vermitteln, die zugleich dem geschichtlichen Erbe der eigenen Region verbunden bleiben.